Translate

Donnerstag, 29. September 2016

Nur zwei Kilometer bis zum Himmel: Über den Wolken im Regen

Ein langer Weg nach oben! 

Die ersten Bilder von diesem unglaublichen Ort habe ich im Internet entdeckt: Ganz oben auf einer Bergspitze stehen Tempel, zu denen führt lediglich ein kleiner und steiler Weg hinauf, keine bequeme Strasse. DA wollte ich hin, unbedingt!

Da die Strecke von Chiang Mai über Lampang bis zu unserem Ziel anderthalb Stunden sehr kurvenreich über kleine Berge führt, dauert sie relativ lang. Wir hüpfen also schon früh aus den Federn, ich richte nach dem Duschen meine Haare, sprühe mich ordentlich mit Moskito-Spray ein, reisse die Kollegin auch aus dem Schlaf, so dass wir zu dritt fahren können.

Wanchai erzählt unterwegs, dass es in Lampang eine ganz spezielle Nudelsuppe gibt, die ich unbedingt ausprobieren müsse.

Ja klar, warum nicht. Hier ist Nudelsuppe ja nix besonderes, also will ich die auch kosten.

Während der Fahrt höre ich den Thais beim Reden zu, verstehe zwar kein Wort davon, muss aber lachen. Vielleicht sollte ich die Sprache lernen? Dann können sie sich nicht mehr über mich - oder was auch immer - unterhalten und ich lache einfach dazu.

In Lampang angekommen, suchen wir ein typisches Nudelrestaurant. Auf den Tischen stehen verschiedene Gewürze, Chili und Sossen. vor dem Eingang locken riesige Kochtöpfe und es riecht so lecker, dass prompt mein Magen knurrt und ich schnell eine Portion dieser duftenden Nudelsuppe probieren will.

Wie immer dauert es nicht lange, bis mein grosser Pott mit Nudelsuppe vor mir steht und nach frischen Kräutern und Gemüse riecht. Da ist kein Maggi drin, ganz und gar nicht, das ist eine richtige Nudelsuppe, wie von Mama.

Das spezielle an dieser Nudelsuppe war übrigens der Fleischkloss, oder wie wir sagen, die Fleischbällchen. Allerdings waren es keine Bällchen, der Kloss war immerhin so gross wie ein Tennisball. Tatsächlich habe ich eine solche Nudelsuppe noch nicht gegessen...



Die Suppe und der Fleischkloss schmeckten einfach grossartig, nach mindestens 100 Gewürzen, Fleisch, Gemüse... und kostet wie immer nur 45 Bht, also fast nix. Ich hätte ja am liebsten gleich zwei Portionen gefuttert, wollte aber nicht als "Fresssack" dastehen. Also genoss ich meine Schüssel mit Suppe, mich hat es noch nicht einmal gestört, dass sie sehr scharf war. Angenehm gestärkt spendieren wir auch dem Auto ein wenig zu trinken und fahren noch gut eine Stunde weiter.

Unser heutiges Ziel heisst: Wat Chaloem Phra Kiat und ist eine Tempelanlage, die sich ganz oben auf der Spitze eines Berges befindet. Wir können nicht bis nach oben fahren, sondern müssen etwa fünf Kilometer weiter unten parkieren: Für private Fahrzeuge ist der Weg verboten - aber es gibt einen Jeep, der die Touristen weiter chauffiert. Wanchai warnte, dass uns der Jeep nur etwa drei Kilometer weit bringt, die letzten zwei müssen wir selbst bis nach oben laufen. Haha. Ich lache über den Witz. Der war echt gut: Ich und nach oben laufen...

Wir parken, kaufen Tickets und... warten. Dann kommt allerdings nicht der Jeep, sondern der Regen. Glücklicherweise konnten wir diesen unter einem Dach abwarten, schliesslich goss es wie aus Kübeln. Nur zehn Minuten später war der Regen vorbei und der Jeep da. Wir stiegen hinten auf, es kamen weitere vier Thais dazu und es ging steil auf der schmalen Strasse den Berg hinauf. Jeder PKW würde bei dieser Steigung schlapp machen, so steil wie es hier ist. Wir halten uns alle gut fest, damit wir nicht aus dem Jeep purzeln.

    

Je höher wir kommen, desto traumhafter wird die Sicht. Wir lassen die Regenwolken hinter uns, der Himmel klart auf und wir fahren durch einen saftig-grünen und wunderschönen Dschungel, immer weiter nach oben. Einen Moment später hält der Jeep und wir müssen alle aussteigen. Oha. Die Bergspitze ist doch noch so weit weg...

Weil wir hochwollen, folgen wir dem Wegweiser und gehen auf der kleinen asphaltierten Strasse weiter, auf der uns der Jeep bis hierhin gebracht hat. Wir kommen an grünen Palmen und Bananenbäumen vorbei, doch nach fünf Minuten ist die Strasse einfach zu Ende. Und jetzt?

  

Jetzt zeigt der kleine Wegweiser einfach links himmelwärts. Wir sollen nach oben in den Dschungel klettern, auf einem schmalen Pfad, der an vielen Stellen nur wenige Zentimeter breit war. Zuerst aus Beton, dann nur noch aus Kies und Geröll, an manchen Stellen über improvisierte Treppen, an vielen Stellen bestand der Weg aus kleinen Stahlbrücken und Treppen, die hier eingebaut waren. Rechts ging es jedenfalls ganz schön steil bergab.

Wir waren mittendrin im Dschungel: Die Moskitos kreisten und suchten einen Landeplatz auf mir, über die Felsenwand kroch ein Wurm, der so gross und dick wie eine Bratwurst war - und weil es noch nicht reichte, fing es zu regnen an. Obwohl wir unter Bäumen liefen, waren wir innert Sekunden klatschnass. Oh mein Gott, nein, Buddha, drei kriechende Menschen auf dem Weg nach oben, eingehüllt in eine Wolke aus Schweiss, Moskito-Spray und Regenwasser, kann das eigentlich noch schlimmer werden?

  

  

Glücklicherweise nicht. Es wurde viel besser: Wir ackerten uns die zwei Kilometer steil bergauf und kamen ziemlich fertig oben an. Wow. Der Ausblick war einfach grandios. Auf den Felsspitzen rechts und links stehen die weissen Stupas, ich habe keine Ahnung, wie diese hier oben erbaut wurden, auch wenn die Erbauer bestimmt nicht solche Höhenangst hatten, wie ich.

Rechts neben der Aussichtsplattform führt eine Treppe nach oben, bis zu einem kleinen Aussichtspunkt direkt auf der Felsspitze. Ich ging hoch, auch wenn mir tausend Gedanken durch den Kopf schossen, ich klammerte mich einfach am Geländer fest, vermied jeden Blick nach unten und kam tatsächlich glücklich oben an. Die kleine Plattform war tatsächlich oben auf der Felsspitze, höher hinaus geht es nicht mehr. Als die Sonne durch die Wolken kommt, zücke ich mein Handy und schiesse viele schöne Bilder.

      

Der Ausflug hierher hat sich auf jeden Fall gelohnt, auch wenn wir dafür jeweils drei Stunden Hin- und Rückfahrt in Kauf nehmen mussten. Dafür waren hier nur sehr wenige Menschen unterwegs, nur Thais. Ich war der einzige Farang, wie hier die Europäer genannt werden.

Lange können wir jedoch nicht bleiben. Unsere Begleiterin Narm muss zurück und die Bar ihrer Schwester aufmachen. Trotzdem sind wir viel zu spät in Chiang Mai. Weil wir uns aber als echte Freunde zeigen wollen, helfen wir ihr, decken die Tische und stellen alles bereit, damit die Gäste kommen können. Zur Belohnung bekommen wir nur wenig später ein leckeres Essen, ganz frisch aus der Küche. Überhaupt, Küche: Die ist so klein, wie bei uns eine Abstellkammer. Darin gibt es eine grosse Kühlbox, einen Reiskocher und einen Wok, der direkt über der Gasflasche angebracht ist. Die Gasflamme erhitzt den Wok, in dem wirklich alles zubereitet wird, Gemüse ebenso wie Fleisch oder Pommes. Doch, die Thais essen auch Pommes.



Ein Nachtrag vom 29. September: Ich befinde mich auf Ko Lan, als ich eine Nachricht erhalte: Die Besitzerin der Bar, die ja auch meine Kollegin ist, entschied sich aus diversen und völlig verständlichen Motiven heraus, die Bar per sofort zu schliessen. Das macht mich sehr traurig, schliesslich haben wir in dieser Bar meine Welcome-Party und See-you-soon-Party gefeiert, ebenso wie den Geburtstag von Wanchai. Immer gab es das frisch zubereitete und wirklich leckere Thai-Essen von Narm. Ich finde es sehr schade, auch wenn ich es verstehe, dass sich kein Restaurant und keine Bar betreiben lässt, wenn die Ausgaben höher sind als die Einnahmen. Ich wünsche den beiden Mädels alles Gute und viel Glück für ihre Zukunft.


    

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen