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Montag, 7. November 2016

Myanmar - Das goldene Land

Wie ich mich freue auf die goldenen Tage in Myanmar. 



Wie gut, dass ich auf die Menschen gehört habe, die mir gesagt haben: Marcel, geh nach Myanmar. Geh jetzt, solange du dort noch das ursprüngliche Myanmar findest, das Myanmar, das noch ohne Touristenrummel auskommt. Ich hatte ja keine Ahnung und wusste somit nicht, was mich dort erwarten würde.

Myanmar ist ein unglaublich schönes Land: Ich war an bezaubernden Orten, habe tolle Geschichten gehört und super nette Leute kennengelernt. Hier gibt es kein Gedränge, die Orte sind nicht von Touristen überfüllt und es gibt hier auch keine unzähligen Chinesen...

Myanmar ist das Land, welches noch ursprünglich wirkt und sich dennoch langsam öffnet. Myanmar - das auch Birma oder Burma genannt wird - ist das wahrhaft goldene Land. Hier wird schon fast verschwenderisch das kostbare Edelmetall verwendet.

Noch ist es so - aber ich fange einfach von vorne an:

Von Hongkong aus fliege ich ganz früh am Morgen mit der HK Airlines nach Yangon. Obwohl der Flug nur drei Stunden dauert, ist der Service sehr gut und der ganze Flug selbst sehr angenehm. Vom Flughafen selbst dauert es noch einmal 40 Minuten, dann bin ich bei meinem Hotel und kann einchecken.

Ein grosses Schild am Ortseingang begrüsst mich mit den Worten: "Welcome in Yangon - the Golden City". Yangon ist die grösste Stadt des Landes, hier leben fünf Millionen Menschen. Bis 2005 war Yangon, das auch Rangun genannt wird, Hauptstadt von Myanmar.

Das Hotel, in dem ich meine Nächte in Yangon verbracht habe, liegt in der dortigen China Town. Mein Zimmer war zehn Quadratmeter gross, lag im dritten Stock und die Treppe dorthin war so steil, dass ich sie selbst ohne Koffer nur mühsam erklimmen konnte. Zwar waren die Besitzerin und ihre Angestellten ausserordentlich freundlich und hilfsbereit, doch Insgesamt kostete eine Nacht in dieser finsteren Schuhschachtel ganze 45 Dollar. Oha.

Als erstes habe ich fast die Motorbikes vermisst. Die gibt es hier nicht. Motorbikes sind in Yangon verboten. Die einzigen, die mit Motorbikes fahren dürfen, sind Postboten und Polizei. Deswegen ist es hier in Yangon verhältnismässig ruhig (wäre die hupenden Autos nicht), immerhin gibt es kein Geknatter von alten Motorbikes.

Überhaupt ist ziemlich vieles ungewohnt und lustig: Bei den Autos ist das Steuer auf der rechten Seite. Damit fahren die Menschen in Myanmar aber nicht wie beispielsweise in England üblich auf der linken Strassenseite, sondern sie fahren damit trotzdem ganz normal rechts. Der Fahrer sitzt also immer auf der Seite, auf der sich der Gehsteig befindet. Stell dir vor, du sitzt dort in einem Taxi. Der Fahrer sitzt rechts, du hinten oder links. Fährt das Taxi hinter einem langsamen LKW, möchte der Fahrer auch überholen. Das muss er links, so weit, so logisch. Für das Überholmanöver muss der Taxifahrer also ganz nach links auf die Gegenspur fahren. Erst dann kann er sehen, ob die Strasse frei ist und er überholen kann. Ich kann euch sagen, bei den Taxifahrten hier in Myanmar habe ich eine Menge Situationen erlebt, bei denen ich einfach nur noch die Augen geschlossen und gehofft habe, dass alles gut ausgeht.

In Yangon selbst erlebte ich eine Mischung aus reichen Menschen, die sich beispielsweise einen teuren Mercedes leisten können und armen Menschen, wie die Jugendlichen, die in den Restaurants hart arbeiten müssen und trotzdem so wenig verdienen, dass sie sich weder ein Handy leisten können, noch wissen, was Facebook ist. Ausser diesen beiden Extremen scheint es fast nichts anderes zu geben, beispielsweise eine Mittelschicht. Und das, obwohl Myanmar unglaublich reich ist. Dort gibt es Edelsteine als Bodenschätze, aber die nützen nur denen etwas, denen der Boden gehört und die dafür nötige Infrastruktur besitzen.

Übrigens: Auch hier dient der doppelte Streifen, der in der Mitte die Fahrbahn schmückt und bei uns in Europa nicht überfahren werden darf, lediglich zur Dekoration. Es hat absolut keinen Einfluss auf die Fahrweise oder gar die Sicherheit.

Ampeln werden hier an den Strassenkreuzungen aufgestellt, damit die Tauben dort oben in Ruhe sitzen und den Verkehr beobachten können. Selbst wenn die Ampel tatsächlich funktioniert, scheint es mir, als seien die Menschen hier farbenblind: Jeder fährt, wie er mag. Ganz egal, ob die Ampel grünes, gelbes oder rotes Licht zeigt. Ist dagegen überhaupt keine Ampel an der Kreuzung, kann es schon mal vorkommen, dass alle Autos mitten auf der Kreuzung stehen und die Fahrer fünf Minuten lang verhandeln, wer jetzt fahren darf. Jeder fährt einfach auf die Kreuzung. Regeln? Gibt es nicht. Ich habe vergnügt dem Ganzen zugesehen, ich muss ja hier weder zur Arbeit fahren noch pünktlich irgendwo ankommen.

Der Liter Benzin kostet hier übrigens nur 0.44 Euro, damit kann hier (fast) jeder gut und günstig fahren und unterwegs sein.

Während in Hongkong jeder über mindestens ein Handy verfügt, ist es hier völlig anders. Die Menschen in Myanmar pflegen einen recht einfachen Lebensstil. Sie sind zusammen und sie bleiben zusammen. Werden die Kinder gross, gehen sie nicht vom Elternhaus in die grosse Stadt, sondern bleiben bei ihrer Familie. Sie helfen im Geschäft oder im Restaurant, das der Familie gehört und die ganze grosse europäische Zivilisation scheint für sie einfach nur weit weg. Manchmal hat mich jemand gefragt, wo ich überhaupt herkomme, doch mit meiner Antwort "from Switzerland" schien kaum jemand etwas anfangen zu können. Die Schweiz ist hier ein unbekanntes Land.

Von Anfang an habe ich mich in dieses Land verliebt.
Ja, auch wenn es dreckig ist.
Ja, auch wenn es noch etwas zurückgeblieben ist.
Aber: Es ist das Original. Das echte Myanmar.

Für viele ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um hier zu investieren. Sie werden in Kürze alle kommen: Die Meute. Die Jäger. Die Krieger. Die Eingebildeten. Die Touristen. Die Verschmutzer... Sie werden kommen. Ganz sicher.

Da ich zunächst nur für zwei Tage in Yangon bin, buche ich hier - zusammen mit meiner Begleitung - einen lokalen Tourguide und einen Chauffeur für eben diese zwei Tage. Ich habe eine lange Liste, auf der all das steht, was ich alles sehen will. 

Gleich nach meiner Ankunft ziehen wir los:
Unser erstes Ziel war das Wahrzeichen Myanmars und der gleichzeitig bekannteste Ort, die Shwedagon Pagode.

Die Shwedagon Pagode ist das religiöse Zentrum des Landes und eine der berühmtesten Stupas überhaupt. Es ist ein unglaublicher Ort: Wohin man auch sieht, glänzt alles golden. Überall glitzern Edelsteine. Die Shwedagon Pagode ist ein sehr religöser Ort, der mehr als 2500 Jahre alt sein soll. Er steht auf einem Hügel im nördlichen Teil von Yangon.

Seit die Pagode steht, wird an ihr gebaut. So wurde sie grösser und grösser. Die ältesten Teile sollen aus dem 5. Jahrhundert vor Christus stammen. 1774 erreichte die Pagode die Höhe, die sie noch heute hat: 98 Meter.

Damals spendete die Königin, also die Frau des damaligen Königs Ksinbyushin aus Ava so viel Gold, wie sie selbst wog. Alles wurde für die Verkleidung der Pagode verwendet - und noch viel mehr. Im Sonnenlicht funkeln die zahlreichen Edelsteine und machen diesen Ort zu etwas ganz Besonderem. Es wird vermutet, dass für die Verzierung dieser Pagode mehr Gold verwendet wurde, als die ganze Bank von England überhaupt besitzt. Wer ein Fernglas dabei hat, kann die mehr als 5.000 Diamanten bewundern, mit denen die Pagodenspitze geschmückt ist. Der grösste unter ihnen soll eine Gewicht von 76 Karat haben.

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Weil mein Tourguide das so möchte, nehme ich an dieser Pagode an einem spirituellen Ritual teil. Für dieses soll ich ihm meinen Geburtstag verraten, nicht nur das Datum, sondern auch den genauen Wochentag. Ich muss überlegen: Wurde ich montags oder freitags geboren? Glücklicherweise fiel es mir wieder ein: Mein Geburtstag war ein Mittwoch, Mittwoch der 19. April. Diesen Mittwoch musste ich suchen, irgendwo auf der runden Pagode sollte er sich befinden.

Nach einer Weile habe ich ihn an der "Wednesday Morning Corner" gefunden. Das passt wunderbar. Ich wurde schliesslich tatsächlich morgens geboren. Mein Tourguide zeigt mir nun, was ich machen soll: Erst zünde ich eine spezielle Kerze an. Danach giesse ich dem dortigen Buddha mehrmals Wasser über den Kopf und den Bauch und wünsche mir etwas dabei. Zum Schluss klebe ich dem Buddha noch ein kleines Zettelchen aus Gold auf den Bauch: Jetzt steht meinen drei Wünschen nichts mehr im Wege. Was ich mir gewünscht habe, und ob es in Erfüllung ging? Das werden wir später sehen. Vielleicht.

Wer hier ist, sollte diesen magischen Ort auch abends besuchen. Dann wird er von allen Seiten beleuchtet und das Gold strahlt und glänzt. Besonders schön wirkt der Sonnenaufgang oder der -untergang. Die Riesenpagode leuchtet wunderschön rotgolden. 

Als ich ein Hotelzimmer mit direktem Blick dorthin hatte, konnte ich mich kaum von diesem fantastischen Anblick losreissen. Das war echt gigantisch.

Wir hatten uns mit so viel positiver Energie aufgetankt, dass unsere Augen richtig funkelten - schon geht es weiter zum Chaukhtatgyi Buddha Tempel. Dieser Ort ist eigentlich deshalb so bekannt, weil sich hier ein riesiger liegender Buddha befindet.

Diese liegenden Buddhas kenne ich ja schon aus Thailand, trotzdem sind sie immer wieder faszinierend.

Er ist mit seiner Länge von gut 40 Metern schon so gross, dass ich ordentlich Schwierigkeiten habe, alles auf ein Bild zu kriegen. Wer genau hinschaut, sieht die 108 Felder an seinen Fusssohlen. Das sind buddhistische Symbole des Buddhas, die Glück bringen sollen. Schon allein deswegen lohnt sich ein Besuch...

  

Wir stoppen an einer weiteren speziellen Pagode, aber nur kurz, weil es inzwischen allerhöchste Zeit war und wir endlich etwas essen und trinken wollten.

So viel, wie ich heute gesegnet wurde und zu Buddha gebetet habe, da kann mir in den nächsten 100 Jahren nix mehr passieren. Da muss es mir einfach gut gehen.

Wir dinierten im Junior Duck Restaurant direkt am Yangon Pyapon River.
Bei einem guten Essen und einem leckeren Myanmar-Bier in guter Gesellschaft sah ich dem Sonnenuntergang zu und liess diesen grandiosen Tag noch einmal Revue passieren. 

  

Es waren so unglaublich viele goldene Eindrücke zu verarbeiten. Dabei beobachtete ich dem lockeren Treiben auf dem Fluss zu, sah, wie die Fischerboote und Lastschiffe hin und her trieben und eine grosse Jacht, die hier zu einem Hotelschiff umgebaut wurde und nun für immer hier vor Anker liegen wird.

Ich war so froh, dass ich meinen lokalen Reiseführer gebucht habe. Damit war ich nicht nur schneller in der lebendigen Stadt, sondern konnte innert kürzester Zeit so viel sehen, wir es nur möglich war.

Der nächste Tag war wirklich sehr anstrengend. Das Ziel entschädigte aber für alle Mühen.
Frühmorgens um sechs Uhr geht es los.

Unser Ziel heisst Kyaikteeyoe und ist ein beliebtes Motiv auf vielen Ansichtskarten und in allen Reiseführer von Myanmar zu finden. Dieser Ort wird auch "The golden rock mountain" genannt, warum, das erzähle ich euch gleich.

Zunächst müssen wir rund 200 Kilometer fahren. Das wäre bei uns in der Schweiz auf der Autobahn absolut kein Problem. Aber hier sieht die Autobahn exakt so aus, wie bei uns eine Nebenstrasse: Sie ist holprig, hat Schlaglöcher, gelegentlich sind Kühe auf ihr unterwegs. Manchmal besteht sie auch nur aus einer Schotterpiste. Wir queren Kreuzungen, an denen keiner weiss, wer zuerst fahren darf, müssen Umleitungen fahren, weil die eigentliche Strasse beim letzten Regen weggespült wurde. Und so weiter... 

Wir fuhren an einheimischen Dörfern vorbei, die noch so ursprünglich wirkten, dass ich fast glaube: Hier sind Coca Cola und Samsung noch echte Fremdworte. Die Menschen schauten uns hinterher, als kämen wir vom Mars. Diejenigen unter den Jugendlichen, die ein eigenes Handy besitzen, wollten unbedingt ein Foto mit mir machen.

Ich sah ältere Männer an Kreuzungen warten. Sie hatten ein bisschen Werkzeug bei sich, warteten wohl, bis ein defektes Auto anhält. Dann können sie etwas reparieren oder den geplatzten Reifen wechseln und auf diese Weise ein bisschen Geld verdienen.

Ich sah arme Menschen, die gleichzeitig glücklich schienen. Ich sah, dass diese hier nicht viel brauchen, um glücklich zu sein: Ein Dach über dem Kopf, etwas Reis im Topf, dazu gute Freunde und die Familie. Mehr brauchen die Menschen hier nicht. Ich hoffe sehr, dass die Leute so bleiben können, wie sie sind.

  

Schlussendlich sind wir nach gut viereinhalb Stunden endlich am Ziel. 

In Kyaikto angekommen, müssen wir umsteigen. Mit gut weiteren fünfzig Reisenden steigen wir auf die Ladefläche eines umgebauten LKWs, auf dem wir eng aneinander gekuschelt sitzen. Das sind die einzigen Fahrzeuge, die hoch auf den Berg fahren dürfen. Fünf Lastwagen fahren dicht hintereinander, wie ein Mini-Konvoi. Alle sind mit Menschen voll beladen. Auf unserer Reise nach oben halten wir sogar dreimal an, damit die bergabwärts fahrenden Lastwagen an uns vorbei fahren können. Für Begegnungsverkehr ist die Strasse zu eng.

     

Jemand erklärte mir, dass heute ein religiöser Feiertag ist - und deswegen so viele Einheimische als Pilger zu diesem Ort unterwegs sind.

Wir fahren gut eine Stunde lang. In dieser Zeit sitze ich mitten zwischen Menschen, die mich zwar nicht verstehen, aber dennoch als Freund behandeln. Endlich kommen wir oben am Ziel an und dürfen absteigen. Doch das eigentliche Ziel ist immer noch nicht erreicht, wir müssen noch einmal gut zwanzig Minuten zu Fuss laufen.

  

Doch die ganze Strapaze mit der langen Autofahrt und der absolut rückenunfreundlichen Fahrt auf dem Lastwagen nach oben lohnt sich. Oben angekommen, bekomme ich meine Belohnung. Und was für eine!

Ich sehe the golden mountain, the golden rock oder, wie er auf deutsch genannt wird, der Goldene Fels.

Dieser Wallfahrtsort liegt auf dem Berg ganz oben. Der Goldene Fels macht mich einfach nur Staunen. Dazu gibt es zahlreiche Geschichten, in denen erzählt wird, warum dieser Goldene Fels fast schwebend wirkt. Er sieht aus, als könnte er jeden Moment kippen und ist dennoch fest verankert.

Die Legende berichtet, dass sich dieser Goldene Fels nur deswegen im Gleichgewicht befindet, weil er von zwei Haaren Buddhas gehalten wird. Dass der grosse Fels tatsächlich sehr kippelig auf dem Untergrund zu liegen scheint, davon konnte ich mich selbst überzeugen: Man liess mich direkt zum Felsen, so dass ich ihn berühren und genau betrachten konnte. Ich sah unter den Fels und konnte mich davon überzeugen, dass er, obwohl er so gross ist, den darunter liegenden Felsen nur auf wenigen Quadratzentimetern berührt. Trotzdem steht er sicher, weder Wind, Wetter, Erdbeben noch sonstiges kann ihn aus seinem Gleichgewicht bringen. Immer schwebt er sicher über dem anderen Stein.

    

Man sagt, dass der Goldene Fels aussieht wie ein Menschenschädel, so ungefähr wenigstens. Unter der Pagode soll sich immer noch das Haar von Buddha befinden, gut geschützt in einem Reliquienschein. 

Jeder, der hier hoch pilgert - so wie ich - bringt Blättchen von Blattgold mit. Auf denen werden die Wünsche verewigt, auf dass sie in Erfüllung gehen.

Ich war hier richtig geflasht, nicht einfach deswegen, weil mich das Gold auf dem Fels geblendet hat, sondern einfach, weil ich auf meiner Reise wieder etwas erleben durfte, das sich nicht so einfach erklären lässt. Ich muss einfach den Legenden und Geschichten glauben.

Hier oben ist nur ein Dorf der Einheimischen und ein paar Hotels. Ich kann Souvenirs kaufen und gutes einheimisches Essen. Am liebsten würde ich hier oben einfach für ein, zwei Tage bleiben. Hier in aller Ruhe sitzen, den vielen Pilgern beim Kommen und Gehen zuschauen und darüber sinnieren, wie das alles hier funktionieren mag. Ich könnte den Blick in die Ferne schweifen lassen und den Sonnenuntergang geniessen. So schön ist es hier...

  

Leider haben wir hier kein Hotel gebucht, so bleibt alles ein Wunsch und schlussendlich ein Satz mit "x": Das war dann nix. 

Wir fahren wieder zurück, sitzen wie bei der Hinfahrt auf der Ladefläche eines Lastwagens und sind anschliessend noch einmal vier Stunden auf der holprigen Strasse unterwegs. 

Am Abend bin ich wieder in Yangon und sogar so rechtzeitig, dass wir noch direkt um die Ecke was leckeres zu Essen kriegen. Gleich neben dem Hotel befindet sich ein Strassenmarkt und im dortigen Strassenrestaurant "Happy Family" probierte Wanchai einen frischen und offensichtlich leckeren Krebs. Er bekam zum Essen extra Handschuhe gereicht, damit er sich seine Finger nicht dreckig macht. Ich habe mich trotzdem lieber für Chicken mit Reis entschieden, da ich Seafood ganz allgemein nicht mag. Auch wenn mir meine Freunde auf der Vietnam-Rundreise immer rieten: "No Seafood - Eat Fish", ist mir das Hähnchen lieber.

                          

Hier erfuhr ich, was ich weiter oben bereits beschrieben habe: Die Menschen hier sind so arm, dass sie sich kein Handy leisten können und somit auch nicht wissen, was Facebook ist. Viele Jugendliche besuchen auch keine Schule mehr, sie machen allerdings auch keine Ausbildung oder studieren gar. Statt dessen helfen sie ihrer Familie im Restaurant, so dass alle genug verdienen und happy sind. 

Für eine einfache Strassenküche war das Essen ausgezeichnet. Wir genossen den Abend, sassen zwischen Einheimischen, hinter uns fuhren hupende Autos. Einer der Kellner besass nur noch die Hälfte seiner Zähne und die restlichen waren vom Betel-Kautabak so verfärbt, dass er damit auf einer Halloween-Party echt Eindruck gemacht hätte. Er hat uns superfreundlich bedient und war wirklich glücklich darüber, dass wir hier sitzen, etwas essen und trinken und damit zum Unterhalt seiner Familie beitragen. Diese glücklichen Augen werde ich wohl nie vergessen - die Zähne allerdings auch nicht.




Ein Besuch in der historischen Königsstadt Bagan.

Die nächsten zwei Tage haben wir in Bagan verbracht.

Wieder einmal kann ich nur sagen: Wow. Es ist so unglaublich, was ich hier erlebt habe: Hier stehen tausende Pagoden. Und du kannst zu jeder einzelnen direkt mit einem Elektrobike fahren. Aber ich fange lieber von vorne an:

Wir fliegen mit einer kleinen Propellermaschine der Air KBZ von Yangon nach Bagan.
Der Flughafen Bagan sieht zwar eher wie ein grosses Haus aus, nicht wie ein Airport und unser Flugzeug kommt etwa 30 Meter vor dem Eingang der Ankunftshalle zum Stehen. 

Trotzdem müssen wir in einen kleinen Bus steigen und werden in einer halben Minute vom Flugzeug zum Eingang gefahren. Das gehört hier einfach zum Service dazu, schliesslich sind wir Touristen, die Geld ins Land bringen. Die Ankunftshalle ist so gross wie bei uns eine Wohnung. Ich warte auf den Koffer, der hier quasi zu Fuss vom Flugzeug in die kleine Halle gebracht wird.

  

Eine Zollkontrolle? Nööö! Eine Passkontrolle? Ebenfalls nööö! Ich greife mir einfach meinen Koffer und laufe die zehn Meter zum Ausgang. Das Hotel wollte schliesslich einen Fahrer schicken.

Doch bevor ich gehen durfte, musste ich 25.000 Kyat bezahlen. Diese rund 18 Euro sind gewissermassen das Eintrittsgeld für Bagan. Damit kannst du alle Pagoden, ebenso die neue und die alte Stadt besichtigen. Wer zufällig keine Kyat in seiner Tasche hat, kann am ATM oder Cash Schalter sein Geld wechseln. Ich frage mich zwar, wie das bei den Bustouristen gehandhabt wird, aber vielleicht haben sie ja eine Art Strassenzollhäuschen aufgebaut, an denen die Busse halten müssen und jeder den Eintritt bezahlen muss. Wer weiss.


Draussen angekommen, sah ich schon den Taxifahrer, der ein Schild mit meinem Namen hochhielt. Das war echt gut so. Sonst wüsste ich ja nicht, wo ich hinfahren muss.

Eine gute Viertelstunde dauert die Fahrt bis New Bagan. Wir sind im klimatisierten Minibus unterwegs und sehen schon auf der Fahrt tausende Pagoden und Stupas auf der rechten Seite. Überall stehen Palmen in der Landschaft herum, manche Strassen sind geteert, andere nur mit Sand und Kies bedeckt.

"Ahhh" und "Ohhh" tönt es im Minibus. Da ausser mir und meiner Begleitung niemand weiter mitfährt, sind wir es wohl, die diese Laute der Begeisterung verursachen. ;-)

                                        

Auch wenn das Hotel wunderschön, das Personal superfreundlich und das Zimmer riesengross ist - für das wir übrigens nur 45 Dollar pro Nacht bezahlen - mich hält nichts hier innen, ich muss gleich nach draussen.

An der Rezeption erfuhr ich, dass ich zwar mit dem Fahrrad stundenlang von Pagode zu Pagode fahren könne, um diese zu besichtigen, doch ich könne auch ein Elektro-Bike mieten. Das würde nur 6.000 Kyat (das sind ungefähr sechs Euro) pro Tag kosten. Als ich nachfragte, warum eigentlich E-Bike und kein Motorbike, bekam ich lediglich zur Antwort, dass ich daran meine Freude haben werde. Juhu. Kurz darauf düse ich mit dem Elektro-Bike los, quer durch die steppenartige Landschaft.

    

Im Moment kannst du tatsächlich überall hinfahren. Mag sein, dass sich das bald ändern wird, aber noch kannst du auf dem Elektro-Bike überall hin. Du kannst natürlich auf der holprigen Strasse bleiben, aber du kannst ebenso querfeldein unterwegs sein. Überall dort, wo du einen kleinen Weg siehst, kannst du einfach reinfahren - und kommst auf diese Weise an den schönsten Pagoden vorbei. Hinter jedem Baum, hinter jedem Hügel wartet gewissermassen eine Überraschung auf dich. Du siehst kleine Stupas, einfache Stupas, aber du kannst auch grosse goldene Pagoden entdecken. Falls du etwas sehen solltest und es führt überhaupt kein Weg dorthin, ganz egal, niemand meckert, wenn du quer durch die Landschaft düst.

    

Ich fahre ins Zentrum von Old Bagan und dort direkt zum Fluss. Hier gönne ich mir als erstes eine kleine Pause und esse eine Kleinigkeit. Sowohl Kinder als auch ältere Frauen betteln. Sie haben eine Schüssel, die halten sie dir hin. Du kannst entweder Geld oder etwas von deinem Essen hineingeben. Beides ist hochwillkommen. Aber gib acht, wenn du einem etwas gibst, dann kommen alle anderen später auch zu dir und wollen etwas haben. Also solltest du entweder niemandem etwas geben oder dem kleinen Jungen, der so staubig und verschmutzt vor dir steht, dass es dir leid tut, direkt etwas in die Hand drücken, so dass es niemand sieht.

  

Hier habe ich mir ein Longyi gekauft. Das ist ein Stück Stoff, dass es praktisch in allen Farben und Mustern gibt. Es wird in quadratischer Form zugeschnitten. Die Männer knoten dieses Stoffquadrat dann um den Bauch. Es sieht ein bisschen wie ein Wickelrock oder eine Art Hosenrock aus, ist aber hier die traditionelle Kleidung. Wer den Tempel besuchen will, sollte seine nackten Beine bedecken. Wer darüber lacht, soll erst einmal selbst nach Myanmar fahren. Ich jedenfalls habe diese traditionelle Kultur sehr genossen und auch die Einheimischen haben sich darüber gefreut, dass ich dieses Kleidungsstück getragen habe.



Wenn du noch mehr von der Tradition mitbekommen willst, solltest du auch Thanaka-Puder verwenden. Das wird bei uns als Schönheitsmittel gehandelt und dient hier als ein natürliches Make-Up und schützt vor der Sonne. Durch die Verwendung des Puders bekommst du eine schöne und glatte Haut als willkommene Nebenwirkung. Auf dem Markt findest du das Puder entweder als fertig gemahlenes Produkt. Du kannst es aber auch völlig roh kaufen, dann ist es einfach ein Holzstück vom Thanaka-Baum, 15 bis 30 Zentimeter lang. Ich denke, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Europäer dieses natürliche Wundermittel für sich entdecken und es dann teuer in der ganzen Welt verkaufen. 

Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass in Europa jemand mit der Puderschicht im Gesicht zur Arbeit geht. Doch für den Schönheitsschlaf in der Nacht ist es sehr brauchbar und unterstützt die Regeneration der Haut. Immerhin gilt es bereits jetzt als Wundermittel fürs Gesicht.

Mit dem Elektro-Bike kannst du überall herumdüsen. Ich nehme eine kleine Strasse nach der anderen, bis ich einen Abzweig erwische, der mich zu den kleinen Häusern der Einheimischen führt. Ja, die Menschen hier müssen noch viel lernen: Sie leben in einem der schönsten Länder dieser Welt, hier stehen die wertvollsten Stupas und Tempel herum, die mit lauter Gold und Edelsteinen geschmückt sind. Trotzdem fliegt sämtlicher Abfall einfach auf und neben die Strasse. Überall sehe ich Müllberge, in denen Schweine und Kühe nach Futter suchen und sonstiges Ungeziefer herumflitzt.

Zwei ganze Tage lang bin ich mit dem Elektrobike umhergedüst. Ich sah, wie einheimische Kinder in einem kleinen Tümpel badeten, lernte die tollsten Menschen kennen, probierte die typische Küche in Myanmar, aber auch Thai-Küche, stoppte irgendwo im Nirgendwo. Hier stand ein als Verkaufsstand umgebautes Auto, es gab Tee und Juice und drei Jungs betrieben das Ganze als Gelderwerb.

Hier wird zwar überall für einen Flug mit dem Heissluftballon geworben, mit dem man über die gesamte Anlage fliegen kann, doch die rund 380 Dollar für den Flug kann man sich echt sparen. Es gibt einen speziellen View-Turm und andere Anlagen, auf die kann man steigen und hat von dort ebenfalls einen grossartigen Überblick über alles.

Obwohl ich wirklich inbrünstig zu Buddha gebetet hatte, war er mir nicht wohlgesonnen. Als ich auf eine der Pagoden hinaufgeklettert bin - eine echt schweisstreibende Angelegenheit - die Treppe war so steil, dass ich Angst davor hatte, hier einfach rückwärts wieder runterzupurzeln. Hier hat mir wohl Buddha mein zweites, mein neues Handy nicht gegönnt. Jedenfalls wollte es nicht mehr bei mir bleiben, fiel einfach zu Boden und das Display zersprang. Das war schon das zweite Handy, das auf dieser Reise kaputt ging. Was sollte ich machen? Zur Schadensbegrenzung genoss ich wenigstens den atemberaubenden Ausblick, den ich hier oben auf sämtliche Pagoden und Stupas hatte. Am Abend genoss ich am Fluss noch leckeres Essen und bewunderte die vielen beleuchteten Stupas um mich herum.

Was soll ich noch gross sagen: Schaut euch einfach meine Bilder an. Dann werdet ihr verstehen, was ich meine und um was es hier geht. Bilder sagen tatsächlich mehr als tausend Worte.

Mal ganz ehrlich: Wir mag es hier wohl in fünf Jahren sein? Was wird aus diesem Ort werden, wenn er zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt wird? Ich wünsche es diesem Ort - auf der einen Seite. Obwohl er im Moment von noch recht wenigen Touristen besucht wird, sieht man doch den Schaden, der von diesen angerichtet wird. Auch das Erdbeben, das hier vor kurzem war, hat Schaden verursacht. Irgendwann verschwindet dieser Reiz des Ortes mit seiner Jahrhunderte alten Geschichte. Dabei sollte dieser langfristig erhalten werden, ich hoffe, die Regierung von Myanmar sieht das auch so und hat Bagan deswegen im Juni 2002 als Weltkulturerbe nominiert.

Vielleicht war ich ja einer der letzten, die noch die Möglichkeit hatten, hier ungezwungen unterwegs zu sein. Ganz ohne Verbotsschilder und ohne überall noch einmal extra Eintritt zu bezahlen. Trotzdem sehe ich, wie die Gebäude langsam zerfallen.

Ich wünsche diesem Ort und den Menschen, die hier leben, nur das Beste für die Zukunft.

          

Ein Kurztrip nach Mandalay

Mit gut anderthalb Stunden Verspätung starte ich am nächsten Tag mit der Air KBZ zum Flug nach Mandalay, der gerade einmal eine halbe Stunde dauert. Ok. Ich checke ebenso verspätet im Hotel ein. Ohne das Warten auf den Abflug und den Check-In beim Flughafen wäre ich mit einem Bus schneller hier gewesen. Dann hätte die Fahrt lediglich drei Stunden gedauert - und wäre deutlich günstiger gewesen.

Vom Flughafen Mandalay fahre ich mit dem Taxi gut 45 Minuten bis in die City und bezahle dafür 12.000 Kyat.

Im hiesigen "Hotel Smile" habe ich mir ein schönes Zimmer reserviert, ganz oben, mit einer Terrasse. Alles zusammen für nur 25 Euro, den günstigen Preis gab es über Agoda. Über das schöne Hotelzimmer konnte ich nur staunen. Wow.

  

Wir duschten uns den Reisestaub vom Pelz und fanden gleich in der Nähe des Hotels ein Restaurant mit leckerem Essen.

Vom Hotel gab es ein kostenloses Fahrrad zu mieten, mit dem ich gleich am ersten Tag die Umgebung erkundet habe. Ich ging ins Shopping-Center, das allerdings halb leer stand, so wenige Geschäfte waren dort. Und ich habe mir nach all den Strapazen eine wohltuende Massage gegönnt. Vom vielen Umherlaufen hatte ich tatsächlich "Füsse und Rücken".


Mein erster Eindruck von Mandalay? Es sieht ein wenig aus wie Chiang Mai: Es ist staubig, laut, regnerisch, grün, es gibt viel Verkehr. Aber es ist allemal einen Besuch wert!

Am zweiten Tag wollte ich gleich früh starten und habe meinen Wecker auf sechs Uhr gestellt. Eine Stunde später war ich schon an der Rezeption, habe mir ein Fahrrad geschnappt und losgeradelt. Der Weg führte mich am Kanal entlang, in diesem liegen der Nandawun Park und der Myaing-Hay-Wun Park auf einer Insel. Allerdings gibt es nur von einer Kanalseite aus Zugang zu dieser Insel. Du solltest also darauf achten, dass du auf der richtigen Seite unterwegs bist und nicht erst eine Stunde fahren musst, bis du auf die andere Seite gelangst.

Anschliessend radelte ich zum Shwenandaw Kyaung Tempel. Hier wurde ich von einer ganzen Schulklasse umringt, jeder wollte ein Foto von mir. Der Eintritt kostet 10'000 Kyat, allerdings besitzt das Ticket auch für die anderen Tempelanlagen seine Gültigkeit.

    

Jetzt, auf ein Dutzend Fotos verewigt, strampelte ich noch weiter den Berg hinauf, bis zum Sutaungpyae Paya Tempel. Zumindestens bis zum unteren Eingang. Die unzähligen Treppenstufen bis hoch musste ich schon noch zu Fuss laufen.

Oben angelangt, freue ich mich über die überstandene Mühsal und über den tollen Ausblick von hier.

Doch meine Freude wurde schnell getrübt. Daran war nicht der Tempel schuld, dieser war wirklich sehr schön und die goldige Buddha-Figur, die im Inneren stand, war auch sehr speziell. Der Himmel selbst war es, der meine Freude trübte. Das schöne Wetter, das zum Sonnenaufgang geherrscht hatte, wechselte in den tropischen Regen-Modus. Dunkle Wolken zogen am Himmel auf und verkündeten mir, dass ich patschnass ins Hotel zurückkomme.

    

Ha. Lacht da etwa jemand vor Schadenfreude?

Unter einem Regenschirm radelte ich langsam zurück. Ich wurde unterwegs mehrfach von vorbeifahrenden Autos bespritzt, fuhr in etliche Schlaglöcher, die ebenfalls dafür sorgten, dass meine Hosenbeine patschnass wurden. Kein einziger Baum spendete mir Schutz vor diesem starken Regen.

Die Strassenverhältnisse selbst hatte ich ja schon bei der Fahrt vom Flughafen in die Stadt bewundert: Auf dem Super-Highway kann keiner schneller als 60 Stundenkilometer fahren, da die Strasse so uneben ist, wie die Passstrasse auf dem Klausenpass mit ihren alten Pflastersteinen. Ausserdem hat sie bestimmt genauso viele Löcher wie ein guter leckerer Schweizer Emmentaler.

Ich war nass bis auf die Haut, als ich nach einer Stunde Regenradeln im Hotel ankam. Trotzdem habe ich mich als erstes unter die nasse Dusche gestellt. Anschliessend gönnte ich mir ein bisschen Zeit und dachte über die letzten Tage nach, die so erlebnisreich, aber auch ein wenig stressig waren. Bald fliege ich wieder nach Yangon zurück und von dort aus nach Chiang Mai.

Alles was ich in Myanmar gesehen habe, hat mich tief beeindruckt. Wahrscheinlich wird sich vieles in den kommenden Jahren verändern. Je mehr Touristen kommen, desto mehr werden die goldenen Tempel und Paläste betatschen, so lange, bis die Verantwortlichen genug davon haben und dafür sorgen, dass diese nicht mehr überall hinkommen. Das war in Angkor Wat nicht anders: Dort wurde eine grosse goldene Wand so lange von den Touristen angefasst und berührt, bis sämtliches Gold und alle Farbe verschwunden war.


Auf diesem Weg möchte ich mich noch bei Thomas bedanken, der mir in Pattaya immer wieder sagte, ich soll nach Myanmar und mir alles angucken. Ich wurde nicht enttäuscht. Und natürlich https://www.chiangmaiprivatetour.com/

  

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